Afghanistan nach dem Sieg der Taliban

Kaum ein Journalist kennt Afghanistan so gut wie Christoph Reuter. Nach dem Sieg der Taliban 2021 bereiste er monatelang das Land. Jetzt stellt er sich die Frage: Darf ein Buch über Afghanistan lustig sein?

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09.08.2021, Afghanistan, Kundus: Taliban-Kämpfer halten an einem Kontrollpunkt in der nordafghanischen Stadt Kundus Wache. Die militant-islamistischen Taliban haben in den letzten Wochen ihren Vorstoß in weiten Teilen Afghanistans verstärkt und die Provinzhauptstadt Kundus eingenommen. Foto: Abdullah Sahil/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

»Es war sehr erholsam, dann irgendwann in Usbekistan über die Grenze zu kommen, nach Afghanistan zu gehen und zu wissen: jetzt wird es ein bisschen ruhiger«.

Ruhiger? In Afghanistan?

Im August 2021 evakuierten die USA ihre letzten Truppen aus Afghanistan; die Bundeswehr war schon im Juni abgezogen. Aber Christoph Reuter machte sich in entgegengesetzter Richtung auf den Weg: hinein in das Land, das die Taliban zurückerobert hatten. Er blieb mehrere Monate, um Gegenden zu bereisen, die zuvor jahrzehntelang unerreichbar waren.

»Irgendwann werden die Taliban den Eindruck haben: Es ist sinnlos, westliche Journalisten reinzulassen, weil die schreiben nicht nett über uns und die Milliarden aus dem Ausland, die würden auch nicht kommen, weil die Truppen sind weg«, so beschreibt er im Podcast die einzigartige Chance, die sich ihm bot. »Und dann werden sie dichtmachen; das, was Sie seit Oktober letzten Jahres tun: Man kommt kaum noch rein. Insofern haben wir die Monate genutzt, das Land, dieses riesengroße Land, wirklich kennenzulernen und die Situation in ganz unterschiedlichen Orten zu erfahren«.

Über diese Reise hat Christoph Reuter ein Buch geschrieben und von den Erlebnissen erzählt er in dieser Episode des SPIEGEL-Auslandspodcasts Acht Milliarden. Davon, wie die Taliban Afghanistan zwar beherrschen, aber nicht versorgen können. Von den Auswirkungen, die zwei Jahrzehnte westlicher Intervention hervorgerufen haben. Und von gefährlichen, freundlichen und manchmal aberwitzigen Begegnungen mit den Kämpfern der neuen Herrscher.

Darf ein Buch über Afghanistan lustig sein? Christoph Reuters Antwort auf diese Frage: Natürlich! Weil es eben so war.

»Innerhalb von drei Tagen hatten wir die gesamte Bandbreite der neuen afghanischen Willkommenskultur von ›können wir Ihr Gepäck tragen?‹ zu ›dann werden wir euch töten!‹«, berichtet er. »Deswegen war es so spannend, so viel wie möglich rumzufahren, um zu gucken: Was ist das für eine irrsinnige neue Macht, die es geschafft hat, dieses Land zu beherrschen, aber die nicht so richtig weiß, ob sie unsere Koffer tragen oder uns erschießen möchte?«

Warum er Afghanistan für ein völlig verwirrtes Land hält, was er in zwei Jahrzehnten Berichterstattung über Einwohner, Islamisten und Besatzer beobachten konnte und welche Fehler aus 20 Jahren Intervention auch heute noch nachwirken – darüber spricht Christoph Reuter in dieser Podcast-Episode.

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