Während einer Sitzung des kirgisischen Parlaments, des Dschogorku Kengesch, ist am 19. April in zweiter Lesung der Entwurf des Verfassungsgesetzes „Über die Staatssprache der Kirgisischen Republik“ verabschiedet worden. Dies berichtet das kirgisische Nachrichtenportal For.kg.
Der 2021 von der Regierung initiierte Gesetzentwurf bedarf noch einer dritten und letzten Lesung im Parlament, bevor dieser Präsident Sadyr Dschaparow zur Unterzeichnung vorgelegt wird. Befürworter:innen des Gesetzes sagen, die Idee bestehe lediglich darin, den Gebrauch der kirgisischen Sprache zu fördern.
Einige Abgeordnete brachten aber unterschiedliche Punkte des Gesetzentwurfs zur Sprache. Insbesondere der Abgeordnete Emil Toktoschew ist der Ansicht, dass es zur Umgestaltung der Sprachpolitik des Staates notwendig sei, über den Übergang zum lateinischen Alphabet nachzudenken.
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Im Anschluss an diese Erklärung wurde die mögliche Einführung eines lateinischen Alphabets in den Medien diskutiert. Am Tag nach der zweiten Lesung des Gesetzes erklärte Präsident Dschaparow aber bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden der Nationalen Kommission für Staatssprache und Sprachpolitik, Kanybek Osmonalijew, dass er eine Latinisierung des Kirgisischen nicht befürworte.
Eine „verfrühte“ Diskussion
„Es ist verfrüht, über den Übergang von der kirgisischen Sprache zum lateinischen Alphabet zu sprechen. Wenn man die Amtssprache in kyrillischer Schrift nicht ausreichend beherrscht, kommt ein Umstieg auf das lateinische Alphabet nicht in Frage […]“, entschied Dschaparow und brachte damit die Gerüchteküche zum Schweigen.
Der Präsident betonte jedoch die Notwendigkeit, die Arbeit an der Verbesserung der Sprachenpolitik fortzusetzen und die Maßnahmen der Nationalen Kommission zu verstärken. Dabei solle der Situation der Staatssprache in Ministerien und Behörden besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
In Kirgistan begannen Diskussionen über ein lateinisches Alphabet nachdem Kasachstans Ex-Präsident Nursultan Nazarbaev 2017 entschieden hatte, das Kasachische zu lateinisieren. Insbesondere der damalige kirgisische Bildungsminister Kanybek Isakow brachte einen entsprechenden Vorschlag ein, erläuterte Eurasianet.
Russland stellt sich gegen die Latinisierung
Auch in russischen Medien fand die Debatten um das Gesetz „Über die Staatssprache der Kirgisischen Republik“ Widerhall. Ihnen zufolge würde das Gesetz zu Lasten der russischen Sprache gehen. Eine „riskante“ Wahl für die Beziehungen zwischen Bischkek und Moskau, konstatiert das russische Medienunternehmen RBC.
Allerdings soll parallel dazu die russische Sprache in Kirgistan geschützt werden. Im Dezember versicherte Sadyr Dschaparow in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kabar, dass die Behörden „Maßnahmen ergreifen“ würden, darunter den Bau neuer russischsprachiger Schulen in Kirgistan. Im Jahr 2023 sollen auf Kosten Moskaus neun solcher Schulen entstehen.
Zwei Tage nachdem die zweite Lesung des Gesetzentwurfs bekannt gegeben wurde, kündigte Russland an, dass es auf Anordnung seiner Veterinärbehörde den Import aller Milchprodukte aus Kirgistan einstellen werde. Auch wenn diese beiden Ereignisse unabhängig voneinander scheinen mögen, könnte dies laut Eurasianet ein Hinweis Russlands sein, dass es angesichts eines möglichen Zurückdrängens seines kulturellen Einflusses über Druckmittel verfügt.
Der einzige Turkstaat, der am kyrillischen Alphabet festhält
Wie das kirgisische Nachrichtenportal 24.kg berichtet, erklärte Kanybek Osmonalijew, dass 1993 der damalige Premierminister Abdygany Erkebajew auf einem Gipfeltreffen der turksprachigen Staaten ein Memorandum über den Übergang zum lateinischen Alphabet unterzeichnet habe. Allerdings seien dieser Ankündigung keine konkreten politischen Entscheidungen gefolgt.
Kasachstan plant, die Latinisierung seines Alphabets bis 2025 abgeschlossen zu haben, während Usbekistan und Turkmenistan seit 1993 ein lateinisches Alphabet verwendet. Kirgistan bliebe dann die Ausnahme unter den Turkstaaten.
Lou Desmoutiers, Redakteurin für Novastan
Aus dem Französischen von Robin Roth