Kasachstan: Die „De-Nazarbaevisierung“ schreitet voran

Die „De-Nazarbaevisierung“ in Kasachstan schreitet langsam, aber sicher voran. Das Umfeld des ehemaligen Präsidenten Nursultan Nazarbaev wird nach und nach von Machtpositionen verdrängt. Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 19. März könnte die regierende Partei „Amanat“ davon profitieren.

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[legend] kremlin.ru

Der Nazarbaev-Clan verliert buchstäblich an Boden. Am 2. Februar kündigte die regierende Partei Amanat in einer Pressemitteilung an, dass Land in Besitz von Bolat Nazarbaev, dem Bruder von Ex-Präsident Nursultan Nazarbaev, an den Staat zurückgegeben werde. Dabei handelt es sich um 239.000 Hektar im Gebiet Mańģystaý und 60.000 Hektar im Gebiet Jambyl, die angeblich „unter fragwürdigen Bedingungen“ erworben wurden.

Wie ein Vertreter von Amanat gegenüber der kasachstanischen Nachrichtenagentur Tengrinews erklärte, habe die Partei Hinweise zu gesetzeswidrigen Handlungen erhalten und an die Behörden weitergegeben. Amanat hatte – damals noch unter dem Namen Nur-Otan – Nursultan Nazarbaev während seiner langjährigen Präsidentschaft gestützt.

Bereits einige Tage zuvor, am 31. Januar 2022, hatte die Almex Holding angekündigt, ihre Beteiligung an Kasachstans größter Geschäftsbank „Halyk Bank“ zu reduzieren. Die Investmentgesellschaft, die sich auf Bankdienstleistungen spezialisiert hat, gehört Nazarbaevs Tochter Dinara Qulibaeva sowie deren Ehemann Timýr Qulibaev.

Diese Ereignisse scheinen wenige Wochen nach dem Ergebnis der Ermittlungen zu den Januar-Ereignissen Teil einer „De-Nazarbaevisierungs“-Kampagne zu sein. Diese ziele laut Eurasianet darauf ab, den Nazarbaev-Clan, „sowohl in Bezug auf das öffentliche Leben als auch auf den privaten Reichtum“ zurückzudrängen.

Das ultimative Symbol dieses Prozesses, das Gesetz „Über den ersten Präsidenten“, wurde Anfang Januar 2023 aufgehoben. Somit verloren die Mitglieder der Familie Nazarbaev ihre Immunität gegen Gerichtsverfahren, die ihr Vermögen betreffen, berichtet Radio Azattyq, der kasachstanische Dienst von Radio Free Europe.

Kampagne für die Parlamentswahlen
Eurasianet stellt fest, dass der Zeitpunkt für die Berichterstattung zu den Ländereien Bolat Nazarbaevs von der Amanat-Partei gut gewählt ist. Mitten im Wahlkampf wollen Präsident Qasym-Jomart Toqaev und seine Partei bekräftigen, dass sie ein „Neues Kasachstan“ aufbauen, das weit von den Praktiken des Ex-Präsidenten entfernt ist. Toqaev hatte im Januar das Parlament aufgelöst und vorgezogene Neuwahlen für den 19. März 2023 angekündigt.

Tolģanaı Umbetalieva, Direktorin der Central Asian Foundation for the Development of Democracy, erklärte gegenüber Eurasianet, dass es für Toqaev wichtig sei, „dass neue Persönlichkeiten im Májilis [dem kasachstanischen Parlament, Anm. d. Red.] erscheinen, die sich am Aufbau eines neuen Kasachstans beteiligen wollen und dabei die von den Behörden festgelegten politischen Regeln respektieren“.

Der Nazarbaev-Clan seit Januar 2022 in Gefahr
Auf staatlicher Ebene hatte die Verdrängung von Personen aus Nazarbaevs Umfeld bereits mit der Entlassung der Regierung zu Beginn der Januar-Ereignisse 2022 begonnen. Auch die Präsidenten von Májilis, der zentralen Wahlkommission und dem Senat waren ersetzt worden.

Dieses Phänomen trat auch in der Privatwirtschaft auf. Zwar ist Qaırat Satybaldy, der im September 2022 eine sechsjährige Haftstrafe erhielt, der einzige nahe Verwandte des ehemaligen Präsidenten, wegen Unterschlagung verurteilt, dennoch verloren laut Radio Azattyq auch andere Mitglieder der Familie Nazarbaev ihr Eigentum.

Am 18. Januar 2022 stellte der Müllentsorger „Operator ROP“, mit dem die jüngste Tochter des ehemaligen Präsidenten verbunden ist, seine Aktivitäten ein. Die Regierung ernannte eine staatliche Stelle zum neuen Betreiber, berichtet Radio Azattyq. Auch das Vermögen von Bolat Nazarbaev geriet seit Januar 2022 ins Fadenkreuz der Ermittlungen. Schließlich wurden sieben Leiter des Fonds Samuryq-Qazyna entlassen. Dieser Staatsfond war 2008 von Nursultan Nazarbaev gegründet worden.

Ein fortbestehender Einfluss
In einem Staat, der über mehr als 30 Jahre von einer einzigen Person geprägt wurde, können sich die entstandenen Bindungen jedoch nicht innerhalb eines Jahres vollständig auflösen. Ein Beispiel ist die Nursultan-Nazarbaev-Stiftung, die gigantische Gelder anhäuft und die Nazarbaev-Universität und die Nazarbaev-Schulen finanziert. Sie werde immer noch durch ein Sondergesetz geschützt, das dem Staat das Recht entziehe, sich in ihre Aktivitäten einzumischen, erläutert Open Democracy.

Außerdem bleibt Nazarbaevs Schwiegersohn Timýr Qulibaev, der auch die größte Bank des Landes kontrolliert, einer der Hauptakteure im Energiesektor. 2022 standen zwei von Nazarbaevs Töchtern und ein Enkel immer noch auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen Kasachstans. Die „De-Nazarbaevisierung“ nimmt langsam an Fahrt auf.

Emma Collet, Redakteurin für Novastan

Aus dem Französischen von Robin Roth

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